Digitalisierung verändert Kfz-Branche

Digitalisierung verändert Kfz-Branche 2019

Jahreshauptversammlung der Kfz-Innung Mittelrhein zeigte Entwicklungstrends auf

Innungsmitglieder informierte sich bei der Jahreshauptversammlung
Dr. Arathymon zeigte Entwicklungstrends auf

Die Scheinwerfer waren auf die Zukunft gerichtet. Erhellende Einblicke in die zukünftige Automobilwelt lieferte die jetzige Jahreshauptversammlung der Kfz-Innung Mittelrhein. Im Zuge der Digitalisierung wird sich in rasantem Tempo vieles ändern. Unternehmer, die hier auf der Höhe der Zeit bleiben und die Trends erkennen, dürften klar im Vorteil sein. Die Veranstaltung fand im Koblenzer Servicehaus Handwerk statt.

Die Ausbildungszahlen sind stabil, die Freisprechungsfeiern so beliebt und gut besucht wie nie, der Bundesleistungswettbewerb für junge Kfz-Mechatroniker wird in diesem Jahr zum zweiten Mal in Koblenz stattfinden: Es gibt wenig Grund für die 200 Vollmitglieder umfassende Innung, sich zu beklagen. Und wenn auch die zunehmende Bürokratisierung Kopfschmerzen bereitet, in Zeiten des Fachkräftemangels bereits erste Headhunter auf der Suche nach Berufsnachwuchs gesichtet wurden, kann Obermeister Hans-Werner Norren zufrieden konstatieren: „Wir sind insgesamt gut aufgestellt.“ Trotzdem tut ein Blick auf die Entwicklungen der Zukunft dringend Not. Denn wer nicht ausgebremst werden will, braucht Wissen.    

Hier kamen Innung und Kreishandwerkerschaft Mittelrhein mit ihrem Servicevortrag ins Spiel. Und gleich wurde deutlich: Wenn Dr. Neofitos Arathymos referiert, springt der Funke über. Der Geschäftsführer Technik, Sicherheit, Umwelt des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) weiß nicht nur, wovon er spricht. Sein brennendes Interesse an den Entwicklungen der Zukunft steckt an. Der Vortrag öffnete die Augen für mögliche Entwicklungen, die noch kaum vorstellbar sind: Vernetzte, fahrerlose Zweisitzer flitzen ungebremst kreuz und quer über Kreuzungen, parken autonom mühelos ein oder werden bei Bedarf – sind etwa Kinder oder Großeltern mit auf Fahrt - um weitere Module erweitert, um als Verband zu fahren.

Das ist zwar noch Zukunftsmusik. Aber bereits in der Umsetzung begriffen. Arathymus selbst, erzählt er, hat sich in den USA in ein solches automatisiertes Fahrzeug gesetzt. Anfangs schwitzte er an Kreuzungen Blut und Wasser, stellte aber in Kürze erleichtert fest, wie gut alles funktioniert. Doch zurück zur unmittelbaren Zukunft und den Veränderungen durch Digitalisierung.

„Was haben E.T. und der BMW 5 GT gemeinsam? Sie können nach Hause telefonieren“, so Dr. Neofitos Arathymos. Was lustig klingt, hat einen für die KFZ-Branche ernsten Hintergrund. Autos der neuesten Generation senden Daten an den Hersteller und nur an diesen. Konkret: Die Fahrzeughersteller verbauen eine Telematik-Einheit, die ihnen beständig Daten über den Zustand des Fahrzeugs übermittelt. So kann etwa gezählt werden, wie viele Bewegungen Reifen oder Scheibenwischer ausführen. Ist die Anzahl erreicht, die einen Austausch sinnvoll macht, wird der Fahrer mittels Nachricht auf seinem Display im Wagen darauf aufmerksam gemacht. Mehr noch. Immer mehr Reparaturen sind elektronischer Natur und lassen sich bereits über Datenfunk durchführen. Erfahren die Hersteller nun via Telematik-Einheit von einer solchen fälligen Reparatur, können sie gleich ihren Service anbieten. „Die Dienstleistungen reichen heute schon von Pannenhilfe und Fahrzeugservice bis hin z.B. zur Installation aktualisierter Navigationskarten“, so Arathymos.
Für die Autowerkstätten heißt das: Sie bleiben außen vor. Denn nur wer die Daten hat, kann handeln. Laut einer vom Referenten zitierten Studie sollen im Jahr 2030 bereits über 50 Prozent aller Wartungs- und Reparaturfälle keinen mechanischen Anteil mehr haben. 
Der Zentralverband hat die Zeichen der Zeit erkannt. Er arbeitet bereits an Lösungen, um Zugänge zum Display der Fahrzeuge zu erlangen und so, z.B. für die Innungsmitglieder, den Kontakt zum Kunden zu bekommen. Und er arbeitet daran, auf europäischer Ebene neue Gesetze durchzubringen. Sie sollen die Hersteller dazu zwingen, ihre Daten mit anderen Marktteilnehmern zu teilen.

Noch viele weitere Tipps, Tricks und Denkanstöße hatte Dr. Neofitos Arathymos im Gepäck. Ebenso wie Rechtsanwalt Jens Bleutge, der als Geschäftsführer des Kfz-Landesverbandes über neueste Entwicklungen berichtete. Das Ziel lautete wie stets: Den Arbeitsalltag des Handwerksunternehmers erleichtern. Dies dürfte bestens gelungen sein.